Fall 3: Spross und Co.

Zürich 2016: Nicht nur in der Limmatstadt regiert das Verbrechen. Der Weltfussball wird durch eine Serie von Morden an den besten Fussballern bedroht. Doch der unerschrockene Polizeipräsident Pilch und seine drei Mitarbeiter der Kripo Zürich sind noch da...

 

Schuss und...kein Tor. Einmal mehr verschiesst Ronaldo aus aussichtsreicher Position.“

Kottan nahm die Füsse vom Tisch, stiess dabei eine Schale Erdnüsse um und griff nach der Fernbedienung.

Der schlimmste Kommentator der Fussballgeschichte, dieser Sascha Rufer“. Kottan schaltete auf den Österreicher aber vor allem, um die bevorstehende Matchanalyse von Rainer Salzgeber zu umgehen. Auf dem Österreicher angekommen sah er, wie zwei Männer aufs Spielfeld eilten und den leblosen Ronaldo auf eine Bahre rollten.

Der auch noch“. Kottan meinte nicht Ronaldo, den 4. internationalen Fussballstar, der in dieser Saison ins Gras beissen musste, sondern das grosse 'A', das auf dem Display seines Iphones erschien. 'A' heisst, na ja, sie wissen schon was, und so benannte er seinen Vorgesetzten, Polizeipräsident Heribert Pilch.

 

Kottan, kommen sie sofort, mir wurde von Interpol die Leitung einer internationalen Sonderpolizei übertragen, die die schlimmste Mordserie der Menschheitsgeschichte aufklären soll, ja muss.“

 

Wie kommen die auf sie? Ausserhalb des Kripogebäudes Zürich kennt sie doch niemand.“

 

Das ist vermerkt, Kottan. Ich erwarte sie trotzdem in den nächsten 10 Minuten im Konferenzzimmer. Und ziehen sie sich anständig an, die internationalen Kameras sind auf uns gerichtet.“

 

Keine Kameras, nur Schrammel und Schremser waren im stickigen Büro, und die internationale Sonderpolizei stellte sich als einfache Email-Anfrage von Interpol heraus. Trotzdem stolziert Pilch ins Zimmer, man hätte meinen können, Ronaldo nehme Anlauf zu einem seiner berüchtigten Freistösse. Und so reagierte auch die Mannschaft, eine Hand vor die Augen, die andere im Schritt.

Meine Herren, die Fussballwelt, die Sportwelt, nein die ganze Welt schaut auf uns.“ Die nächsten 10 Minuten versuchte Pilch mitzuteilen, dass Zürich nicht nur der Sitz der FIFA sei, sondern dank ihm auch das international best bekannte Zentrum für Verbrechensbekämpfung.

 

Und wie bitteschön sollen wir die Verbrechen von hier aus aufklären, der jüngste Mord passierte in Madrid“, Kottan musste den herumfuchtelnden Pilch stoppen.

 

Wir sind das Gehirn und bekommen alle nötigen Informationen elektronisch angeliefert. Hier muss man es haben, Kottan“, Pilch tippte sich dabei mit seinem Zeigefinger an die Stirn.

 

Paul Schremser macht einen Vorschlag, der bei Schrammel und Kottan auf breite Zustimmung stösst: „Es ist heiss, wir haben Durst, es wartet viel Arbeit, warum gehen wir nicht ins Bauschänzli auf ein gemütliches Halbes.“

Sie können mich doch nicht mit der ganzen Arbeit allein lassen. Wer soll den jetzt meine Rede ins Englische übersetzen, Kottaaaan...!“ Schon wieder tippte der Zeigefinger an Pilchs Stirn, aus was für Gründen auch diesmal.

 

Der grosse Ventilator an der Decke läuft rund, mit 1.6 Promille sitzen die drei am Nachmittag im Büro, die oder das Bein auf dem Pult, auf einem neutralen Schreibtisch ein Stapel Papier. Interpol meint es tatsächlich ernst. Kottan blättert lustlos in einigen Papieren, bei der Fotographie eines Zettels, der bei einem der Toten gefunden wurde, hält er inne und liest laut vor: „Chaos und Zerstörung über den Weltfussball, bis dass der Retter sich seiner erbarmt!“ Kottan zeigt Schremser das Signet auf dem Briefpapierkopf, ein goldenes S auf grünem Hintergrund und meint amüsiert: „Ist das die Prieuré de Sion, lässt der Vatikan die Spieler den Zorn Gottes spüren, die nicht brav ihr Kreuz schlagen, wenn sie den heiligen Rasen betreten.“

Sieht für mich mehr wie das Firmenzeichen von Spross aus, du weisst, der verstorbene Gärtner der Nation. Obwohl, ich glaube nicht, dass der Baustellen und Kiesgruben in Madrid bewirtschaftet.

 

Haben wir für heute nicht genug getan“, Kottan legt den Zettel zurück auf den Stapel, „wir sind unter 1.0 Promille gefallen, das ist in Pilchs Mannschaft nicht erlaubt. Gehen wir an den See.“ Sie schleichen sich an Pilchs Büro vorbei: „Kottaaaan...einen Kaffeeee....“

 

Die drei sitzen beim Bellevue am See, neben sich eine Büchse Feldschlösschen, in der Hand ein paar Steinchen, die sie nach und nach ins Wasser schmeissen.

So eine Yacht, das wär doch was, natürlich an der Côte d'Azur“, Schrammel schien aus seiner Apathie geweckt worden zu sein.

Der Schrammel am Fürstenhof zu Monaco, eine eindrückliche Vorstellung“, Kottan schmiss den nächsten Stein in den See und verfehlte eine Ente nur knapp, „aber was ist denn das für ein Zeichen am Heck des Schiffes, sieht aus wie ein goldenes S auf grünem Hintergrund.“

Jetzt wo du es sagst“, Schremser traf die Ente mit einem Stück Brot, die Ente freute sich, „das ist die Yacht vom alten Spross, der vor 10 Jahren in sein eigenes Gras gebissen hat. Soviel ich weiss, das war damals gross in der Presse, hat er das Schiff an verdienstvolle Unternehmer vermacht, um ihnen zu ermöglichen, wichtige Verhandlungen in freundschaftlicher Atmosphäre abschliessen zu können. Spross selber hat ja alle seine Verträge mit Handschlag bei billigem Champagner auf dem Boot besiegelt.“

Komm, wir chartern uns ein Pedalo und strampeln raus.“ Schremser zeigte auf sein fehlendes Bein, falls das überhaupt möglich ist, und plädierte für ein Motorboot.

 

Kapitän Kottan legte einigermassen elegant am Heck der Spross Yacht an, sie enterten kurzerhand das imposant grosse Boot. Über das hölzerne Deck gelangten sie zur Treppe, die in die Kabine führte. Schrammel öffnete die Tür, sie traten in ein bestens und luxeriös ausgestattetes Konferenzzimmer, drei verblüffte Gesichter drehten sich zu ihnen: Jérôme Valcke, Markus Kattner und ... jawohl... Sepp Blatter.

 

Schau schau, wen haben wir denn da. Haben wir uns ins neue FIFA Museum verirrt, Schrammel?“ Schrammel wollte bereits laut lachen, doch sein noch nicht ganz verheilter Respekt vor der entthronten FIFA Troika liess bloss ein Krächzen zu, das an die Ente am Quai erinnerte.

 

Wös möched tir...“, Kottan erinnerte sich schlagartig an seine Allergie aus Folge 2 und konnte gerade noch die Ohren zuhalten, bevor ihn seine Krankheit dahinraffte. An der Gestik und Mimik konnte er in etwa ableiten, was der Walliser auszudrücken versuchte: Sie hätten das Recht, hier zu sein, sie würden die Polizei rufen, wenn sie nicht sofort verschwinden würden, und so weiter. Sicherlich waren auch ein paar 'Viva FIFA' eingestreut.

 

Nachdem sich der Mund von SB eine halbe Minute nicht mehr zu bewegen schien, konterte Kottan in seinem breitesten Züri-Tüütsch: „Und wir sind hier, die Fussballer Morde aufzuklären.“

 

Ja dann“, Jérôme Valcke erhob sich. Sepp Blatter wollte protestieren, doch Valcke erklärte einer verdutzen Polizeitruppe: „Es hat keinen Sinn mehr Sepp. Jawohl, wir haben die Morde in Auftrag gegeben. Um Chaos und Zerstörung in die Fussballwelt zu bringen. Unser Sepp wäre dann als triumphierender Friedensstifter zurückgekehrt.“

Valcke setzte sich und nach 5 Minuten Pause fragte ihn Schremser, „wen haben sie beauftragt, die Morde so professionell durchzuführen?“

Die Prieuré de Sion. Sie sind Sepp zu 100% ergeben.“

Kottan griff nach der Flasche im Eiskübel und nahm einen grossen Schluck, „ich bin wieder unter die 1.0 Marke gerutscht.“

 

Die drei Polizisten schlichen sich aus dem Polizeigebäude Richtung El Lokal, konnten aber nicht anders, wie noch ein paar Worte aus Präsident Pilchs Ansprache an die versammelte Presse und die Weltfussballgemeinschaft aufzuschnappen:

 

 „...persönlich mit dem Delinquenten gesprochen...nur mir hat er sein Innerstes anvertrauen können...jemandem, der aus gleichem Holz geschnitzt ist, wie er sagte... das Boot von Spross sei sein Elba gewesen, von wo aus er wie einst Napoleon von den Massen zu seiner letzten Schlacht getragen werden wollte...Viva FIFA....äähh...Polizei.“

 

Schreibbüro Toni Saller: b-schreiben.ch, Ethnologe, Schreibarbeiter, Ideenbüro und frühpensionierter Informatiker, tonisaller@hotmail.com

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Kommentare: 1
  • #1

    Heinrich (Sonntag, 24 Juli 2016 09:21)

    Ja ja, der Spross!